Aufmerksamkeit für Alte Musik – unsere dringendste Aufgabe?
- Penelope Spencer
- 14. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Sept.
Mittlerweile ist es bekannt: Es gibt in München tatsächlich keine spezielle Förderung für Alte-Musik-Projekte. Das folgende Zitat aus einer E-Mail des vom Kulturreferat finanzierten Musikberatungsbüros ist leider typisch:
Ihr Projekt ist interessant. Allerdings können wir in dieser Angelegenheit nicht beraten und unterstützen, weil sich die Tätigkeit des Musikbüromuc auf die Zeitgenössische Musikszene konzentriert. Wenn ich das richtig sehe, basiert Ihr Projekt auf Barockmusik, weshalb es leider aus unserem Zuständigkeitsbereich herausfällt.
Wenn Sie - auch als Duo - künftig ein Projekt planen, bei dem Sie überwiegend auch zeitgenössische Musik von lebenden Komponist*innen spielen, kommen Sie gerne jederzeit wieder auf uns zu, damit wir bei der Realisierung und Finanzierung weiterhelfen können.
Es scheint also so, dass Projekte von Musiker:innen, die sich der historischen Aufführungspraxis auf Originalinstrumenten widmen, einfach unter dem allgemeinen Schirm „Klassische Musik“ subsumiert werden – und daher keine besondere Unterstützung erwarten dürfen.
Es gibt eine Voreingenommenheit, aber sie ist vermutlich unbeabsichtigt
Setzt sich das Kulturreferat also bewusst gegen die Alte-Musik-Bewegung? Ich glaube nicht. Eher ist es so, dass sich gut organisierte Kräfte mit großem Engagement für die zeitgenössische Musik eingesetzt haben – und die Politik sehr wohl versteht, warum diese Szene besondere Unterstützung benötigt. Nur: Niemand hat bisher darauf hingewiesen, dass diese Regelung die Alte Musik komplett ausschließt.
Denn mit historischen Instrumenten ist es kaum möglich, zeitgenössische Musik zu spielen. Gleichzeitig wird dabei ignoriert, dass gerade wir, mit unserem speziellen Wissen und unseren Originalinstrumenten, die Einzigen sind, die Münchens barockes musikalisches Erbe wieder zum Leben erwecken können – so wie liebevoll restaurierte Gemälde in der Alten Pinakothek dem Publikum zugänglich gemacht werden.
Was ist also zu tun?
Vermittlung.
Noch immer wissen zu wenige Menschen, was genau wir mit der historischen Instrumenten Bewegung tun und worin der Unterschied zwischen einer barocken Aufführung durch “normal” ausgebildete Musiker:innen und einer Interpretation von Spezialist:innen auf Originalinstrumenten liegt.
Wir brauchen zunächst mehr Aufmerksamkeit beim Publikum. Dann wird es leichter, finanzielle Unterstützung zu finden – sei es durch Sponsoring, Crowdfunding oder sogar durch die Politik. Unsere Arbeit ist einzigartig und wichtig – und sie kann nur von speziell ausgebildeten Musiker:innen geleistet werden
Man könnte sie gut mit der Restaurierung alter Kunstwerke vergleichen.
Ein Gedankenexperiment:
Würdest du die Alte Pinakothek besuchen, wenn die Gemälde dort nicht restauriert wären?
Zeitgenössische Kunstwerke sehen meist noch frisch aus. Aber ein verschmutztes Bild, auf dem man kaum etwas erkennt – selbst wenn es von Albrecht Dürer wäre – würde dich wahrscheinlich nicht locken.
Genauso lässt sich der Unterschied zwischen einer historisch informierten Aufführung und einer „normalen“ Aufführung beschreiben.
Natürlich gibt es Ausnahmen: große Musiker:innen, die auf modernen Instrumenten wundervolle Barockinterpretationen liefern. Aber das sind Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Alte Musik hat eine wichtige Role in die Musikszene heutzutage
Vielleicht könnten wir uns alle fragen: Wie machen wir es unserem Publikum leichter zu verstehen, was wir tun – und warum es wichtig ist?
Ein paar Ideen
Klar kommunizieren – auf allen Kanälen und bei Konzerten: Wir spielen auf historischen Instrumenten, und was das bedeutet.
Zugängliche Moderation bei Konzerten: kurze, verständliche Erläuterungen zu Instrumenten und Besonderheiten (kommt normalerweise besser an, meine Erfahrung nach, als lange musikwissenschaftlichen Vorträge).
Blogs und Videos über die tägliche Arbeit, unsere Instrumente und die Inspiration, die sie uns geben – wie meine eigenen “Baroque Violin Information” YouTube Shorts, oder der fantastische, informative Blog des Oboisten Michael Schleißheimer: Bericht eines fahrenden Oboisten.
👉 So schaffen wir mehr Aufmerksamkeit – und damit die Grundlage, dass Alte Musik in München nicht länger übersehen wird.
Gute Gedanken, liebe Penny! Die Botschaft der Alten Musik enthusiastisch in die Welt zu tragen, ist sicher der Mühe wert. Auf diese Weise lassen sich hoffentlich auch Spendengeber und Sponsoren rekrutieren (z.B. crowd funding). So läuft der Kulturbetrieb in vielen Ländern ja schon seit Jahren. Als Stimme aus der Kommunalpolitik würde ich aber davor warnen, allzu viel Hoffnung auf Unterstützung durch öffentliche Gelder zu setzen. Wir waren in Bayern lange noch auf der Insel der Seligen, aber auch uns holt die finanzielle Realität rasant ein. Keine Gemeinde, kein Landkreis, kein Bezirk ist mehr in der Lage, einen gedeckten Haushalt aufzustellen, ohne dabei auf Steuererhöhung oder Neuverschuldung zu bauen. Es hagelt in allen Bereichen Kürzungen, von denen wir vor einem Jahr…