Barockmusik (das heißt, die Musik von etwa 1600 bis 1750) ist großartige Musik, die jeden anspricht. Wie der beliebte Sänger Michael Schopper in einem Interview im Jahr 2020 gesagt hat:
"Alte Musik ist die jüngste und frischeste, die ich kenne."
Meiner Meinung nach gibt es jedoch noch etwas Besonderes daran. Für mich spiegelt die Barockmusik ein harmonisches Gesellschaftsmodell wider: Vor 1750 waren Musiker Diener und auf Zusammenarbeit angewiesen. Johann Sebastian Bach (1685–1750), der am meisten verehrte Komponist des Barocks, komponierte – wie viele andere seiner Zeit – als solcher „Soli Deo Gloria“ (Allein Gott die Ehre). Besonders in Bachs Musik erkennt man sofort, dass jede Stimme wichtig ist. Diese Musik braucht weder großen Egoismus noch einen Diktator – sondern genau das Gegenteil. Frei von Nationalismus oder Egoismus späterer Jahrhunderte und ohne diktatorische Führung (Dirigent) hat die Barockmusik – und besonders Bach – die Kraft, Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenzubringen.
Der Film "Living Bach" (2024) zeigt genau das:
Die historische Aufführungspraxis ist das Elixier der Barockmusik
Über viele Jahrhunderte hinweg gab es in Europa keine Trennung zwischen alter und neuer Musik. Es wurde einfach die Musik der Gegenwart gespielt, am Alten oder Historischen hatte man kaum Interesse. Erst im 19. Jahrhundert erkannte man den bleibenden Wert der „Gebrauchskunst“ Musik und versuchte auch Musik früherer Generationen wieder aufführbar zu machen. Dazu wurde sie bearbeitet. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Idee auf, dass man die Musik früherer Zeiten am besten dadurch lebendig macht, dass man sie auf den Instrumenten und im Stil der jeweiligen Zeit spielt, in der sie komponiert wurde.
Damit begann die Bewegung der historischen Aufführungspraxis Alter Musik. Das heißt - das Spielen der Barockmusik auf historischen Instrumenten und mit der entsprechenden Interpretation. Zunächst bespöttelt und als exotisch betrachtet, trat sie ab den 1970er Jahren einen wahren Siegeszug durch die Konzertsäle an und ist heute geschätzt und etabliert. Die Methoden der Aufführungspraxis werden inzwischen auf die Musik des Mittelalters ebenso angewendet wie auf die Hauptwerke der Romantik. München, als barocke Hauptstadt Bayerns, sollte ihren Platz in dieser kulturellen Wendung stolz einnehmen und neben Köln, Hamburg, Berlin und Freiburg eine herausragende Rolle spielen.